SoNaTe - Soziale Nachbarschaft und Technik
Föderungszeitraum: Nov 2015 bis Nov 2020 durch das BMBF
Team
Leitung: Dr. Rul von Stülpnagel & PD Dr. Marco Ragni
Wissenschaftliche Mitarbeiter: Daniel Brand, Ngoc-Huy Truong
Sonate im Überblick
(Link zur offiziellen Bekanntmachung)
(Link zur Plattform)
Motivation
Die Auswirkungen des demografischen Wandels sind sowohl in den Kommunen und Regionen als auch in den unmittelbaren Nachbarschaften zum Teil schon deutlich zu spüren. Gerade in Zeiten sich verändernder Familienstrukturen stellen informelle Netzwerke wertvolle Ressourcen für die Unterstützung im Quartier bereit.
Ziele und Vorgehen
Im Projekt „SoNaTe“ soll ein neuartiges digitales Kommunikationsnetzwerk entwickelt und wissenschaftlich evaluiert werden, das Kommunen und Regionen beim Aufbau sozialer Nachbarschaften unterstützt. Mithilfe des Netzwerks werden Personen, Personengruppen, Organisationen und Unternehmen des regionalen Sozial- und Wirtschaftsraumes miteinander verbunden, um alltagsnahe Interaktion, soziale Kommunikation, Dienstleistungen, Leistungen der lokalen Infrastruktur und auch Freizeitangebote zu erschließen. Das Projekt trägt auf diese Weise dazu bei, die Alltagsinfrastruktur in ländlichen Gebieten zu verbessern und zugleich die Integration von Neubürgern in städtischen Zuzugsgebieten zu unterstützen. Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wird durch diesen Ansatz ebenfalls erleichtert.
Innovationen und Perspektiven
Ein besonderes Augenmerk wird in dem Projekt darauf gelegt, die aktuellen Erkenntnisse aus den Bereichen „Human-Computer-Interaction“ und „Design-for-All“ mit den aktuellen Anforderungen an Barrierefreiheit zusammenzubringen. Das gemeinwirtschaftliche Geschäftsmodell in Form einer Genossenschaft soll den Ansatz der kollektiven Bewirtschaftung unterstützen und sichert nachhaltig den Daten- und Verbraucherschutz. Auch auf die Übertragbarkeit in andere Regionen Deutschlands wird geachtet.
Die Aufgaben unserer Abteilung
Usability und Design-for-all
Die Zielsetzung des IIG-Teilprojektes besteht darin die technischen Komponenten der SoNaTe Anwendung bereits während der Entwicklung der ersten Prototypen umfassend beratend zu begleiten und nach aktuellen Usability-Kriterien der Mensch-Technik-Interaktion zu evaluieren Dies umfasst die Identifizierung und Behebung von Designprobleme mit dem Ziel, die Erlernbarkeit und damit einhergehende Reduktion von Fehlerraten, die Effizienz, und eine zufriedenstellende subjektive Einschätzung der Benutzbarkeit auch für spezifische Nutzergruppen sicherzustellen. Desweiteren soll innerhalb dieses Projekts das Nutzungsverhalten von Anwendungen wie SoNaTe mit Methoden der kognitiven Modellierung untersucht und verbessert werden. Ein weiterer Baustein besteht in der Expertise zur Raumkognition. Diese wird sich u.a. in Pilotprojekten gemeinsam mit dem Konsortialpartner Telocate realisieren und auf nachbarschaftlichen Prozesse und Austauschgelegenheiten hinsichtlich ihrer örtlichen Komponenten zu untersuchen und die Anwendung dahingehend zu optimieren.
Bestimmung individueller und implizit geteilter Nachbarschaftsgrenzen
Welches Umfeld betrachten Menschen als ihre Nachbarschaft? Bisherige Ansätze definieren Nachbarschaft anhand von administrativen Einheiten (Vierteln, Blocks, ...) oder nutzen euklidische Buffer (also Kreise) um den individuellen Wohnort herum. Im Einklang mit anderen Studien konnten wir anhand einer studentischen Stichprobe zeigen, dass Kreise nur für eine Minderheit der Personen eine sinnvolle Approximation der Nachbarschaft darstellt. Weiterhin wohnen die meisten Menschen nicht im Zentrum ihrer selbstdefinierten Nachbarschaft (von Stülpnagel, Brand, & Seemann, 2019).
Eine präzisere Modellierung des als Nachbarschaft wahrgenommenen Raums ermöglicht (zB im Rahmen von SoNaTe) eine gezieltere und erfolgsversprechendere Aktivierung von nachbarschaftlichem Miteinander, bis hin zu Möglichkeiten, Nachbarschaftsvorstellungen zB über bauliche Maßnahmen zu beeinflussen. Besonders interessant ist dabei die Frage, welchen Bereich von Anwohnern übereinstimmend als gemeinsame Nachbarschaft betrachtet wird.
Zur Erforschung dieser Fragen haben wir im Stadtviertel Haslach-Egerten in Freiburg im Winter 2019/2020 ca. 8.000 Postkarten verteilt, auf denen Bewohner ihre Nachbarschaft einzeichnen konnten. (Weitere Informationen hier.) Wie auf der Abbildung unten zu erkennen ist, werden manchen Stelle sehr häufig als Grenze der eigenen Nachbarschaft angesehen. Mithilfe von GIS Analysen arbeiten wir aktuell daran, die zu Grunde liegenden Faktoren zu identifizieren.
Die Abbildung zeigt ein Netz von 20mx20m Zellen. Die Färbung zeigt an, wie viele Grenzen von insgesamt 297 individuell markierten Nachbarschaften durch eine Zelle laufen (mit ansteigender Anzahl von grün nach rot.
Publikationen
von Stülpnagel, R., Brand, D., & Seemann, A. K. (2019). Your neighbourhood is not a circle, and you are not its centre. Journal of Environmental Psychology, 101349.
Ewert, C., Truong, N. H., & von Stülpnagel, R. (2018). Interpersonelles Vertrauen auf P2P Sharing-Plattformen. In S. Hess, H. Fischer (Eds.) Mensch und Computer 2018-Usability Professionals, 385-392. Dresden, Germany, September 2nd-5th 2018. doi: https://doi.org/10.18420/muc2018-mci-0252
Truong, N. H., Brand, D., Ewert, C., Wächter, L., & von Stülpnagel, R. (2018). Developers' Needs and Severity Conceptions of Usability Problems. In R. Dachselt, G. Weber (Eds.) Mensch und Computer 2018 – Tagungsband, 13-22. Dresden, Germany, September 2nd-5th 2018. doi: https://doi.org/10.18420/muc2018-mci-0200